Eine aktuelle Studie von Ernst & Young (2023) zeigt:
- 64 % der Führungskräfte sprechen Fehler nur teilweise oder gar nicht an.
- 68 % haben Angst vor Karrierenachteilen,
- 53 % fürchten Jobverlust,
- 50 % den Gesichtsverlust.
Das sind keine Einzelfälle – das sind strukturelle Herausforderungen. Und genau hier setzen gute Lernprozesse an.
Fehler differenzieren und daraus lernen – denn Fehler sind nicht gleich Fehler.
Für eine funktionierende Lernkultur ist es entscheidend, differenzieren zu können:
1.Vermeidbare Fehler
… entstehen durch Unachtsamkeit, Regelverstöße oder fehlende Standards. In sicherheitskritischen Bereichen kann das gravierend sein. Hier geht es um Klarheit, Prävention – und Verantwortung.
2. Fehler aus Unklarheit oder Komplexität
… entstehen in neuen, noch nicht eingespielten Prozessen. Hier steckt das größte Lernpotenzial: Wer den Mut hat, offen darüber zu sprechen, schafft Entwicklung.
3.Intelligente Fehler
… entstehen durch bewusstes Experimentieren – oft der Anfang von Innovation. Stichwort: Post-it bei 3M oder Viagra bei Pfizer.
Beide Produkte sind Paradebeispiele dafür, wie sogenannte „Fehler“ zu bahnbrechenden Innovationen führen können – wenn wir die Bereitschaft mitbringen, zu Lernen.
Bei 3M wollte man ursprünglich einen superstarken Klebstoff entwickeln. Heraus kam ein besonders schwacher, der sich rückstandslos wieder ablösen ließ. Bei Pfizer testete man einen Wirkstoff gegen Herzprobleme und stieß auf eine unerwartete Nebenwirkung, die später als Potenzmittel Viagra zum Markterfolg wurde.
Systemisch gedacht: Innovation entsteht oft im Zusammenspiel von Irritation, Kontext und der Bereitschaft, das „Unerwartete“ nicht zu unterdrücken, sondern als Impuls für Entwicklung zu nutzen.
Fallbeispiel aus der Praxis: Vom Fehler zur Entwicklung
Ein Unternehmen stellt Prozesse um – Ziel: mehr Effizienz. Doch die Realität bringt erstmal Unzufriedenheit. Die Abläufe wirken unausgereift, die Kommunikation stockt, Vertrauen bröckelt.
Statt schnelle Lösungen zu fordern, wurde der systemische Blick gewählt:
✔ Es wurden qualitative Interviews mit Mitarbeitenden aller Ebenen durchgeführt.
✔ Ziel war es, Muster zu erkennen, um die richtigen Lösungen zu finden – nicht Schuldige.
Was sich zeigte, war vielschichtig:
- Ressourcenkonflikte,
- Missverständnisse,
- unklare Erwartungen,
- stille Vorbehalte gegenüber der Führung.
Die Erkenntnisse führten zu konkreten Anpassungen. Anschließend traf sich die Führungsebene zu einem moderierten Lessons Learned Meeting:
- Was haben wir als Team gelernt?
- Wo waren unsere blinden Flecken?
- Was nehmen wir für zukünftige Veränderungsprozesse mit?“…
Dieser nachgelagerte Reflexionsraum veränderte nicht nur Prozesse, sondern auch das Führungsverständnis. Vertrauen wuchs, Verantwortung wurde geteilt, und eine neue Kultur der Offenheit entstand.
Methodische Formate: Struktur für Entwicklung schaffen
Eine offene Fehlerkultur entsteht nicht „von selbst“. Sie braucht Struktur, Rituale und geschützte Räume.
Qualitative Fehleranalysen
Ein dialogischer, erkenntnisorientierter Zugang zu Fehlern.
- Was ist sichtbar, was wurde übersehen?
- Welche Gruppen oder Ebenen sind beteiligt?
- Welche Strukturen führen dazu?
Lessons-Learned (Führung & Teams)
Nicht als Checklistenübung, sondern als systemische Reflexion:
- Welche Hypothesen hatten wir – welche haben sich bestätigt?
- Welche Routinen oder Annahmen waren hinderlich?
- Was wollen wir das nächste Mal bewusst anders machen?
Tipp: Eine externe Moderation hilft, blinde Flecken zu erkennen und Fingerpointing zu vermeiden.
Gruppencoaching
Ideal in Umbruchphasen oder bei kulturellen Fragen.
Ein geschützter Raum, um Themen wie Scham, Verantwortung, Führungsverständnis oder psychologische Sicherheit zu bearbeiten.
➡️ Wenn Menschen erleben, dass sie mit ihren Unsicherheiten nicht allein sind, entsteht wirkliche Entwicklung.
Systemische Methoden zur Fehlerreflexion und Lernbegleitung
4Ls-Retrospektive
(Liked, Learned, Lacked, Longed for)
Ein einfaches, aber wirkungsvolles Reflexionsformat – besonders in agilen Teams.
Die vier Felder fördern eine ausgewogene Perspektive:
1. Was war positiv?
2. Was habe ich gelernt?
3. Was fehlte?
4. Wonach sehne ich mich künftig?
➡️ Ideal nach abgeschlossenen Projekten, Meetings oder Lernphasen, mit dem Fokus auf Entwicklung – statt Bewertung.
Appreciative Inquiry
Ein lösungsfokussierter Ansatz, der auf dem Prinzip „Was funktioniert bereits gut?“ basiert.
Fehler werden hier nicht als Defizit betrachtet, sondern als Chance, vorhandene Stärken weiterzuentwickeln.
➡️ Führt zu einer positiven Fehlerkultur, indem es Ressourcen sichtbar macht und kollektive Potenziale stärkt.
5-Why-Analyse
Eine strukturierte Methode zur Ursachenforschung, die hinter Symptome blickt.
Durch das wiederholte Fragen „Warum?“ wird Schicht für Schicht tieferliegende Dynamiken und Systemzusammenhänge aufgedeckt.
➡️ Hilfreich für die Analyse wiederkehrender Fehler oder unerwarteter Zwischenfälle.
Reflecting Team
Ein strukturierter Reflexionsprozess, der gerne in Coachings und der Organisationsentwicklung eingesetzt wird.
Ein Team oder eine Gruppe hört zunächst nur zu, während andere über ein Thema oder einen Fehler nachdenken, Hypothesen bilden, alternative Sichtweisen teilen. Danach folgt ein Austausch.
➡️ Fördert Perspektivenvielfalt, stärkt psychologische Sicherheit und regt tiefere Lernprozesse an – ohne sofort in Lösungsdruck zu verfallen.
Fehlerkultur als strategischer Vorteil
Organisationen, die Fehler als Ressource begreifen:
- lernen schneller – weil sie sich trauen, hinzuschauen statt zu vertuschen,
- gestalten mutiger – weil Neues ohne Angst vor dem Scheitern gedacht werden darf,
- entwickeln sich stetig weiter – weil Veränderung als Teil des Weges verstanden wird.
Psychologische Sicherheit, wie sie unter anderem durch Googles Projekt Aristoteles bekannt wurde – ist dabei der Schlüssel: Sie ermöglicht Lernen ohne Angst. Führungskräfte spielen hierbei eine zentrale Rolle, denn sie sind nicht nur Begleiter, sondern Vorbilder. Durch ihr Verhalten schaffen sie im Team Vertrauen, Offenheit und den Mut, Fehler als Entwicklungschance zu sehen.
Ihr nächster Schritt: Vom Impuls zur Umsetzung
Sie möchten im Unternehmen eine offene Fehlerkultur verankern? Dann lassen Sie uns gemeinsam schauen, was in Ihrem System möglich ist.
Mögliche Begleitungen:
- Ursachenanalyse
- Strukturierte Lessons-Learned-Workshops
- Gruppencoaching für Führung oder Teams
- Sparring für Führungskräfte zur Reflexion von Haltung und Rolle
Wir analysieren die Ausgangslage und entwickeln dann maßgeschneiderte Herangehensweisen.
Fordern Sie gerne unsere Checkliste für eine lernfördernde Fehlerkultur an. Ich freue mich über Ihre Kontaktaufnahme. Oder vereinbaren Sie ein unverbindliches Gespräch – denn Fehlerkultur beginnt nicht beim Konzept, sondern im Dialog. “
Fehler sind keine Stolpersteine. Sie sind Wegweiser.
Was wäre möglich, wenn Sie genau damit in Ihre Organisation jetzt anfangen?
Die Studie von Ernst und Young können Sie sich direkt hier runterladen!